Dienstag, 13. September 2011

Wirtschaftlichkeitsrechnungen

stellt man bei einer neuen Heizung wohl immer an. Eigentlich bei praktisch allen Sanierungsmaßnahmen, aber bei der Heizung ist's am interessantesten. Leider sind die Rechnungen, ob selber durchgeführt oder in einer Zeitung, einem Buch gefunden meist völlig (und ich meine VÖLLIG !) unrealistisch. Mehr am Ende des Artikels.

Warum grade heute dieses Thema ? Erstens hab ich gestern in einer Bauzeitung mal wieder eine absurde Rechnung gesehen, zweitens hatten wir heute einen Termin mit einem Heizungsbauer. Und haben da mal wieder eine der berühmt berüchtigten Bierdeckelrechnungen gemacht (um ihm nachzuweisen, dass der "vergoldete" Heizkessel, den er uns angeboten hatte sich niemals lohnen wird, aber das ist eine andere Geschichte).

Wie sieht so eine "back of the envelope" Rechnung hier aus ?

Zunächst brauchen wir mal die Heizkosten. Bisher waren das laut Verkäufer etwa 400 € pro Monat, also etwa 5000 pro Jahr. Nehmen wir mal an, dass wir durch bauliche Massnahmen (neue Fenster, Dämmung der obersten Geschoßdecke und Isolation des Daches in den beiden wärmsten Räumen - dem Bad und dem Kinderzimmer - 20 bis 25% der Heizkosten sparen. Das ist eher optimistisch. Dann noch mal knapp 10% durch einen modernen Brennwertkessel. Nehmen wir also mal 1/3 Einsparung an.
Dann lägen wir - beim Preisniveau des letzten Jahres - bei etwa 3500 € pro Jahr. Das ist unsere Ausgangsbasis.

Jetzt stellt sich die Frage, was wir durch eine "bessere" Lösung einsparen würden. Eine mögliche Alternative (um die ging's heute) wäre ein Solarkollektor auf dem Dach plus ein entsprechender Kessel mit großem Speicher. Wir könnten sinnvoll etwa 13 qm Kollektoren auf der Ostseite des Dachs unterbringen. Das ist natürlich schlechter als auf der Südseite, kostet (laut Heizungsbauer) zwischen 15 und 20%. Von den 500 W/qm, die man hier in Heidenheim als Maximum erwarten dürfte. Diese Zahl hilft uns allerdings gar nichts, denn im Sommer brauchen wir die viele Wärme gar nicht.

Also müssten wir jetzt abschätzen, was die Solaranlage in der Übergangszeit und im Winter an Energie liefert. Das hängt jetzt aber leider von mehreren Faktoren ab. Sonneneinstrahlung, Aussentemperatur, Temperaturamplitude, Wärmekapazität der Wände und und und und. Also nix für den Bierdeckel :-(

Was macht der Heizungsbauer: Er nimmt Erfahrungswerte. Deshalb fragen wir ihn ja auch, sonst könnten wir das mit einem Buch selber berechnen. Also: 30-35% der Heizkosten spart man mit einer typischen Installation (ob wir das wohl sind ?? Aber egal) ein. Also etwa 1200 € pro Jahr.

Die üblichen Rechenbeispiele gehen dann etwa so:
Kosten (hier ca. 20.000 €) / Einsparung pro Jahr ergibt Amortisationszeit. Stimmt natürlich nicht, weil die Heizkosten ja steigen. Aber um wieviel ? Nehmen wir mal an, um 8% pro Jahr. Das ist der Durchschnitt der letzten (wieviel hab ich vergessen, aber doch einige) Jahre.

Rechnen wir uns also aus, was wir in den nächsten Jahren vermutlich an Heizkosten haben werden (Excel oder so) und schauen, wann wir die Mehrkosten eigeholt haben. Das wäre dann die Amortisationszeit.

Das sind etwa 11 Jahre.

Aber natürlich ist diese Rechnung  - die man in dieser Art ja überall finden kann - kompletter Quatsch, denn wir haben ja die Kapitalkosten ignoriert, wir müssen die Anlage ja aus einem Kredit finanzieren. Der ist im Moment zwar billig, aber eben nicht umsonst. Nehmen wir 4% Zinsen an. Und schon sieht das Ergebnis etwas anders aus: 38 Jahre würde es dauern, wenn wir nicht tilgen würden ....

Also würde es in der Realität besser aussehen. Andererseits könnten wir das Geld ja, statt zu tilgen, auch anlegen, der Gewinn entginge uns in diesem Fall ja (der Fachmann nennt das glaube ich Opportunitätskosten)

So. Jetzt wird mir die Rechnung langsam zu kompliziert. Nicht, dass ich Arbeit scheuen würde, aber es hat einfach keinen Sinn, hier noch komplizierter zu werden. Denn wir haben einige Fehler begangen, die für das Ergebnis viel relevanter sind, als die Details des Tilgungsplans:

Wir haben hier natürlich nur einen Teil der Kosten betrachtet (den Nutzen haben wir vollständig - und auch noch optimistisch erfasst), beispielsweise haben wir Wartungskosten vernachlässigt. Und die sind bei einer solchen Anlage nicht unerheblich ...
Die Lebensdauer der Anlage ist auch nicht unendlich, die Kollektoren halten angeblich 30 Jahre, unser Dach aber nicht. Und der Kessel mit Technik sicher auch nicht. Wie lang, weiss aber keiner.

Ausserdem ist die Annahme, dass die Heizkosten jährlich um 8% steigen eher gewagt.
Nach dieser Rechnung haben wir im Jahr  2040 etwa 28.000 € Heizkosten jährlich. Bei der gegenwärtigen Inflationsrate und insbesondere bei der Lohnentwicklung in den letzten 20 Jahren halte ich das für absurd. Erhebliche Teile der Bevölkerung müssten dann nämlich im Winter ziemlich frieren. Und das will wirklich keine Partei.

Also: Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Und wir nehmen die billigste Heizung die wir kriegen können. Und werfen die ggf. in 10 Jahren weg.

PS: Irgendwann, wenn ich mal viel Zeit habe, rechne ich das wirklich richtig aus .... irgendwann.
Blöderweise nutzt es mir dann nichts mehr, weil ich bis dahin eine neue Heizung haben werde ;-)

Till

1 Kommentar:

  1. Solarertrag und Wirtschaftlichkeit aus eigener Erfahrung:

    Im Winter wird eine Solaranlage zwischen nicht viel und nicht viel mehr bringen!
    Der eigentliche Effekt bei einem Haus mit hohem Energiebedarf sind auch nicht nur die Übergangszeiten. In einer über mehrere Tage anhaltende niedrige Temperaturen (speziell in den Nächten) muss ein altes Haus schon auch mal im Sommer nachgeheizt werden!

    Auch sollte der Trinkwasserbedarf nicht ganz unterschätzt werden. Hierbei ist es so, dass es durch einen ausreichend großen Speicher möglich ist die Sonnenenergie über ein paar Tage, wenn mal die Sonne nicht scheint, mitzunehmen und zu nutzen. Auf die Einlagerungstemperatur kommt es dabei auch an.

    Also eine mögliche wirtschaftliche Nutzung einer Solaranlage nur in den Übergangszeiten zu sehen ist nicht ganz korrekt!

    Allerdings muss wirklich grundsätzlich auch auf die Korrektheit von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen geachtet werden. Es kann auf Grund der sehr vielen und zum Teil starken Einflüsse keine seriöse Aussage gemacht werden! Es können jedoch eindeutge Tendenzen abgeleitet werden!

    Michael Weng

    AntwortenLöschen